Wir informieren Sie regelmäßig über interessante Urteile und Grundsatzentscheidungen sowie über Neuigkeiten aus unserer Kanzlei.

I. Aktuelle Entscheidungen zum Familienrecht

 

BGH, AZ: XII ZB 351/15, 24.08.2016:

Nach deutschem Recht ist vor der Geburt eines Kindes eine Vaterschaftsfeststellung nicht möglich.

 

BGH, AZ: XII ZB 616/15:

Zur Frage der Geschäftsfähigkeit ist die notariell beurkundete Feststellung der Geschäftsfähigkeit durch den Notar durch sachverständiges Gutachten im Nachhinein revidierbar.

 

BGH, AZ: XII ZB 565/15, Beschluss vom 11.01.2017:

Im Fall des Wechselmodells haben grundsätzlich beide Elternteile für den Barunterhalt eines Kindes einzustehen. Der dem Kind von einem Elternteil während der Betreuungszeiten im Wechselmodell geleisteten Naturalunterhalt führt nicht dazu, dass ein Barunterhaltsanspruch nicht geltend gemacht werden kann. Der Unterhaltsanspruch kann in zulässiger Weise vom Kind gegen den besser verdienenden Elternteil geltend gemacht werden.

 

OLG Koblenz:

Unabdingbare Voraussetzung für eine gemeinsame elterliche Sorge ist eine objektive Kooperationsfähigkeit und eine subjektive Kooperationsbereitschaft der beteiligten Eltern. Fehlen diese, so liegt die Prognose nahe, die Übertragung der elterlichen Sorge oder des betroffenen Teils der elterlichen Sorge auf einen Elternteil allein entspreche dem Kindeswohl am besten.

 

EuGH, AZ: C-372/16, Urteil vom 20.12.2017:

Vor Scharia-Gericht erfolgte Scheidung muss Deutschland nicht anerkannt werden.

 

OLG Bamberg, Beschluss vom 18.09.2017:

Bei schwerwiegenden und nachhaltigen Störungen der elterlichen Kommunikation fehlt es an der Basis für die gemeinsame elterliche Sorge und erst recht für ein Wechselmodell.

 

BGH, AZ: XII ZR 108/17, Beschluss vom 11.07.2018:

Nutzt ein Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit Duldung des anderen das im hälftigen Miteigentum beider stehende Haus nach der Trennung weiter und trägt, wie bisher, die Lasten, ohne zu erkennen zu geben, einen hälftigen Ausgleichsanspruch geltend machen zu wollen und ohne dass der andere Partner ihm ein Nutzungsentgelt abverlangt, so ist der Ausgleichsanspruch in Höhe des hälftigen Nutzungswertes des Anwesens beschränkt.

 

BGH, AZ: XII ZB 624/15, Beschluss vom 20.06.2018:

Verstirbt ein geschiedener Ehegatte, bevor er die Leistungen aus dem Versorgungsausgleich nutzen kann, führt dies dazu, dass der überlebende geschiedene Ehegatte die ausgeglichenen Anrechte im Rahmen des Versorgungsausgleichs wieder zurückerhalten kann (Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG).

 

BGH, Zivilsenat, Beschluss vom 27.03.2019:

Auch der nur umgangsberechtigte Elternteil hat grundsätzlich einen Anspruch auf Herausgabe des Kinderreisepasses, soweit er diesen im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts benötigt. Etwas anderes kann sich aus der Gefahr des Missbrauchs des Reisepasses ergeben.

 

Bundesverfassungsgericht, AZ: 1 BvR 697/20, Beschluss vom 09.11.2020:

Zurechnung fiktiver Einkünfte ohne umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls kann einen Verfassungsverstoß darstellen. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte setzt voraus, dass subjektiv Erwerbsbemühungen des Unterhaltsschuldners fehlen und auf der anderen Seite müssen die erforderlichen Enkünfte für den Verpflichteten objektiv erzielbar sein, was von seinen persönlichen Voraussetzungen, wie z. B. Alter, berufliche Qualifikation, Erwerbsbiografie und Gesundheitszustand, und Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen abhängt.

 

 

II. Betreuungsrecht

 

BGH, AZ: XII ZB 61/16, Beschluss vom 06.07.2016:

Patientenverfügungen müssen hinreichend klar umschreiben, wie weit die Entscheidungskompetenz des Bevollmächtigten reicht. Aus der Vollmacht/

Patientenverfügung muss deutlich werden, dass die jeweilige Entscheidung mit der begründeten Gefahr des Todes oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens verbunden sein kann.

 

 

BGH, AZ: XII ZB 118/16, Beschluss vom 18.01.2017:

Neben den Zinsen sind Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnvorteils vom Einkommen des Elternunterhaltspflichtigen abzuziehen. Dies ist neben zusätzlicher Altersvorsorge möglich. Den Wohnvorteil übersteigenden Tilgungsanteil kann der Unterhaltspflichtige als Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten weiter auf die zusätzliche Altersvorsorge anrechnen.

 

 

LG Augsburg, Beschluss vom 30.01.2018:

Die Verbringung einer pflegebedürftigen Person in ein ausländisches Pflegeheim durch einen Vorsorgebevollmächtigten führt als solche nicht zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Staat des Pflegeheims. Es verbleibt bei der Zuständigkeit der Behörden des früheren Aufenthaltsstaates.

 

 

BGH, Beschluss vom 12.07.2018:

Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerkes (z. B. Facebook) geht der Nutzungsvertrag grundsätzlich nach § 1922 BGB auf dessen Erben über. Weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht steht dem entgegen.

 

 

BGH, AZ: XII ZB 107/18, Beschluss vom 14.11.2018:

Der BGH hat seine bisherige Rechtsprechung zu Patientenverfügungen bestätigt. Eine Patientenverfügung entfaltet danach unmittelbare Bindungswirkung, wenn sich feststellen lässt, in welcher Behandlungssituation welche ärztliche Maßnahmen durchgeführt werden bzw. unterbleiben sollen.

 

 

III. Arbeitsrecht

 

Kurzarbeit in Zeiten von Corona:

 

Voraussetzungen für Kurzarbeit sind, dass ein erheblicher und temporärer Arbeitsausfall vorliegt, der in diesem Fall aus einem unabwendbaren Ereignis, also der Corona-Krise, beruht. Es muss mindestens eine Person sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein. Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit nicht einseitig anordnen. Die Anordnung von Kurzarbeit ist evtl. schon im Arbeitsvertrag geregelt. Ansonsten muss mit dem Arbeitnehmer eine einzelvertragliche Vereinbarung geschlossen werden. Sollte ein Betriebsrat vorhanden sein, muss auch dieser zustimmen.

Sollte keine Zustimmung des Arbeitnehmers erfolgen, bleibt dem Arbeitgeber nur die Änderungskündigung.

Seit den Änderungen anlässlich der Corona-Krise genügt es, dass 10 % der Beschäftigten wegen des Arbeitsausfalls vom Entgeltausfall betroffen sind. Bislang waren es 30 %.

Kurzarbeit ist nun auch für Leiharbeiter anzuwenden.

Betriebe mit flexiblen Arbeitszeitmodellen müssen künftig keine Minusstunden mehr aufbauen.

Folgende Schritte müssen erfolgen:

Zunächst muss die Kurzarbeit den Arbeitnehmern mitgeteilt und eine Vereinbarung mit den Arbeitnehmern geschlossen werden. Die Kurzarbeit muss bei der Bundesagentur für Arbeit angezeigt werden.

Der Arbeitgeber geht dann in Vorleistung und übernimmt die Auszahlung des Lohns für geleistete Arbeitsstunden sowie die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes.

Das Kurzarbeitergeld beträgt 60 % des entfallenen Nettoentgelts bzw. 67 %, wenn mindestens ein Kind im Haushalt des Arbeitnehmers lebt.

Der Arbeitgeber muss innerhalb von 3 Monaten den Leistungsantrag bei der zuständigen Agentur für Arbeit einreichen.

Bisher musste der Arbeitgeber die Kosten für die Kurzarbeit in Form von 80 % der Sozialversicherungsbeiträge für das ausgefallene Bruttoentgelt mittragen. Nach der Änderung anlässlich der Corona-Krise übernimmt der Staat die Sozialversicherungsbeiträge, die für die Ausfallstunden anfallen.

 

 

IV. Reiserecht

 

Corona: Was bedeutet das für Reisende?

Die Bundesregierung hat für touristische nicht notwendige Reisen eine Reisewarnung zunächst mal bis Ende April 2020 ausgesprochen.

In diesem Fall greift eine Reiserücktrittsversicherung nicht. Wichtig ist auch, dass viele Reiserücktrittsversicherungen Klauseln enthalten, die Pandemien vom Versicherungsschutz ausschließen. Covid-19 wurde als Pandemie eingestuft. Das bedeutet, dass bei einer Erkrankung am Reiseort die Reiserücktrittsversicherung ebenfalls nicht einspringt und anfallende Mehrkosten trägt. Die weltweite Reisewarnung gilt bis Ende April 2020. Reisen, die bis zu diesem Zeitpunkt starten sollen, können kostenlos storniert werden. Zahlungen sind vom Veranstalter zurückzuerstatten.

Hier bieten viele Veranstalter einen Reisegutschein an. Dies muss nicht akzeptiert werden. Sie haben das Recht, den Reisepreis zurückzubekommen.

Bei Individualreisen muss einzeln geprüft werden, ob eine kostenlose Stornierung möglich ist. Dies ist immer der Fall, wenn der Anbieter die Leistung absagt.

Hier muss auch geprüft werden, ob hier deutsches Recht anwendbar ist. In zahlreichen anderen EU-Ländern gelten andere Regelungen, so dass hier jeder Einzelfall gesondert geprüft werden muss.